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Software Winkelstützwand 13 Mär 2015 09:12 #54850

Hallo Alsheimer,

Ihren letzten Beitrag habe ich nicht verstanden. Was hat der Modellansatz "fiktive schräge Rückwand" mit der Laststellung zu tun?
Er ist m.E. bei Lastunstetigkeiten und/oder gebrochenem Gelände gar nicht anders möglich und damit immer zutreffend bzw. erforderlich. Das gilt auch für nur teilweise Belastung des Geländes.

gruß dvog

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Software Winkelstützwand 13 Mär 2015 13:47 #54851

dvog schrieb: Hallo Alsheimer,

Ihren letzten Beitrag habe ich nicht verstanden. Was hat der Modellansatz "fiktive schräge Rückwand" mit der Laststellung zu tun?
Er ist m.E. bei Lastunstetigkeiten und/oder gebrochenem Gelände gar nicht anders möglich und damit immer zutreffend bzw. erforderlich. Das gilt auch für nur teilweise Belastung des Geländes.

gruß dvog


Hallo dvog,

die Grafiken wurden mit dem Programm Limitstate:GEO erstellt. Dieses basiert auf einer numerischen Lösung für allgemeine (ebene) geotechnische (u.a.) Fragestellungen und verwendet die Discontinuity Layout Optimisation (DLO, Universität Sheffield). Es kann damit nur der Grenzzustand der Tragfähigkeit, jedoch keine Gebrauchstauglichkeit untersucht werden.

Allerdings werden die einzelnen Versagensmodi (Kippen, Grundbruch, Gleiten, usw.) nicht, wie wir es gewohnt sind, getrennt untersucht. Vielmehr wird die kinematische Gleitlinienfigur ermittelt, die die geringste (obere Grenze) der Traglast ergibt - ganz im Sinne der Plastizitätstheorie in der Bodenmechanik (siehe z.B. Chen oder Powrie).

Die "Hilfskrücken", die wir bei unseren normgemäßen Berechnungen benötigen, wie die "fiktive schräge Rückwand", sind für das Programm nicht erforderlich, da sich die Gleitlinien (z.B. unter Annahme eines Mohr-Coulomb'schen Materialmodells) quasi aus dem konkreten System (Schichtung, Laststellung, Bodenkennwerten usw.) entwickeln. Der "reale" Versagensmodus kann auch aus einer Mischung mehrerer Einzelmodi (Gleiten, Kippen kombiniert mit Grundbruch usw.) bestehen.

Im vorliegenden Fall versagt die Stützmauer z.B. infolge eines Gleitvorganges, wenn die Verkehrslast (wie von Jürgi mit 16,7 kN/m² vorgegeben) erst ab Ende des Spornes wirkt (LF1). Beginnt die Laststellung im vorliegenden Fall bereits ab der Stützmauer (LF2), so tritt ein eher grundbruch-dominiertes Versagen auf.

Beliebige Geländeböschungen, Laststellungen, etwaige Abgrabungen usw. könnten (einfach) untersucht werden. Allerdings ist das Programm und seine (richtige) Anwendung eher etwas sophisticated, also (auch preislich) nicht unbedingt etwas für "Jedermann", sondern eher etwas für Grundbauspezialisten, die eine Alternative zur FEM (Plaxis o.ä.) suchen.

Grüße

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Software Winkelstützwand 13 Mär 2015 15:28 #54854

hallo Alsheimer,

hochinteressante Theorie. Darf man so etwas in Deutschland anwenden?

Wenn ich es richtig verstanden habe, versagt die Stüztzwand offensichtlich in beiden Fällen - LF1 Gleiten, LF2 Grundbruch.

Die "Bruchfigur" im ersten Fall macht mir Kopfzerbrechen bzw. kann ich mir nicht ganz vorstellen.

Die Wand müsste sich m.E. etwas nach vorne bewegen bzw. kippen. Nach meinem stat. Gefühl müsste sich dann eine schräge fiktive Wand einstellen und eine zusätzliche vertikale Komponente entstehen, die bezogen auf das Gleiten positiv wirkt.

gruß dvog

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Software Winkelstützwand 13 Mär 2015 16:04 #54859

Hallo dvog,

Teilsicherheitsfaktoren nach EC 7 inkl. NAD sind im Programm umsetzbar (Zum gesamten Nachweis gehört aber sicher noch mehr und ergänzendes). Wenn eine Berechnung mit FEM zulässig ist, dann steht einer Anwendung des Programms auch in D nichts entgegen (es gibt auch deutsche Grundbaubüros, die das Programm haben und nutzen; dessen ungeachtet ist der Erkenntnisgewinn sehr hoch.).

Das Programm ermittelt immer eine Versagensfigur (Grenzzustand der Tragfähigkeit). Ob das Versagen im konkreten Fall dann eintritt, hängt von den Randbedingungen ab. Die Software berechnet für ein (oder mehrere) vorgegebenes Kriterium (z.B. Erhöhung der Auflast, Abminderung der Scherparameter usw.) einen sogenannten "adequacy factor" (vereinfacht vergleichbar mit dem "alten" Laststeigerungsfaktor der Plastizitätstheorie im Stahlbau). Anhand dessen kann man dann die vorhandenen "Sicherheitsreserven" bestimmen.

Wie gesagt, das Ganze geht nicht ohne entsprechendes Grund-Know-how im Bereich "Soil Plasticity", "Limit Analysis" und dergleichen. Dafür ist die Eingabe- und Rechendauer aber - auch bei komplexeren Systemen - verglichen mit der FEM sehr gering (wenige Minuten).

Ich habe damit das Versagen historischer Stützmauern und Strebepfeiler (also Mauerwerk mit und ohne Baugrund) untersucht (auch das geht mit dem Programm). Ein Teil der (ersten) Ergebnisse davon findet sich kurz zusammengefasst im demnächst erscheinenden Mauerwerk-Kalender 2015 (bzw. in meinem Vortrag am 24.3. beim Mauerwerk-Kalender-Tag in Dresden).

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Letzte Änderung: von Alsheimer.

Software Winkelstützwand 13 Mär 2015 16:17 #54860

Hallo Alsheimer,

da Sie sich scheinbar sehr gut im Grundbau auskennen, können Sie mir vielleicht ein Buch empfehlen?

Gruß Jürgi

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Software Winkelstützwand 13 Mär 2015 16:49 #54861

Hallo Jürgi,

für Ihren Zweck sicher geeignet und mit Beispielen (die ich aber nicht alle durchgerechnet habe und deren Qualität ich damit nur bedingt beurteilen kann) gibt es für den "einfachen" Einstieg

- Kempfert/Raithel: Geotechnik nach Eurocode 7, Bd. 1 und 2 (Verlag Bauwerk BBB Beuth)
- Möller: Geotechnik kompakt, Bd. 1 und 2 (ebenfalls Bauwerk BBB Beuth)

Von Möller gibt es auch eine umfangreichere, ausführlichere und damit etwas teuerere, zweibändige Ausgabe in der Reihe "Bauingenieur-Praxis" vom E+S-Verlag. Auch das Buch von Ziegler, das sie schon selbst genannt haben, ist sicherlich geeignet (davon kenne ich aber nur die DIN-Version), wenn auch vielleicht nicht meine erste Adresse.

Allen Bücher gemein ist, dass sie vor allem die in D üblichen Nachweise und Berechnungen enthalten - was sicher in Ihrem Sinne ist. Die anderen jüngst erschienenen deutschen Bücher zum Thema EC7 kenne ich nur aus den Prospekten.

Ich selbst sehe immer noch gerne in meinen alten Studienunterlagen (Smoltczyk, Uni Stuttgart) nach, wenn ich was verstehen will. Eine aktualisierte Fassung dieser Studienunterlagen (bzw. eines Teiles dieser Unterlagen) gibt es auf der Homepage der TU München bei Prof. Vogt ("Schüler" von Smoltczyk und einer der Partner bei S+P, Stuttgart) zum download.
Und erstklassige Erläuterungen zur Bodenmechanik (aber natürlich nicht auf NAD-Basis) finden sich im Buch von William Powrie über "Soil Mechanics. Concepts and Applications" - aber natürlich nur in englisch und bisweilen nicht ganz einfach zu verdauen, aber systematisch aufeinander aufbauen und schwieriger werdend sowie mit zahlreichen Beispielen und Aufgaben zu allen Problemen der Bodenmechnik (ist eine ausführlichere Fassung seiner Vorlesungsunterlagen).


Grüße

P.S.: Ich bin sicher nicht die erste Adresse in punkto Grundbau (bin "Tragwerksplaner"), aber danke für die Lorbeeren...

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Letzte Änderung: von Alsheimer.

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