Willkommen, Gast
Benutzername: Passwort: Angemeldet bleiben:

THEMA:

Aw: Nutzlast Decke ohne Querverteilung - Weiterleitung 17 Jul 2012 04:47 #42045

DeO schrieb:
warum sollte man sie denn für eine höhere Last bemessen, wenn kein nachfolgendes Bauteil sie aufnehmen kann?


Ok, ich versuchs auch mal:

tatsächliche Last = 1,50 kN/m² flächendeckend, d. h. es kommt im lastabnehmenden Bauteil die daraus resultierende Auflagerkraft an.

Lokal 2,00 kN/m² möglich, d. h. ein Einzelbalken soll dem entsprechenden Lastanteil standhalten. Das tut er nur, wenn auch die Anschlüsse diesen Lastanteil weiterleiten können, sonst kracht er runter.

Dem lastabnehmenden Bauteil ist es egal, ob nun gleichmäßig verteilt Auflagerkräfte aus 1,50 kN/m² ankommen oder mal Auflagerkräfte aus 2,00 kN/m² und an anderer Stelle Auflagerkräfte aus 1,00 kN/m², in der Summe wird es nicht mehr als aus 1,50 kN/m² und die Ungenauigkeit in der Verteilung ist so gering, dass man sie vernachlässigen kann.

Nur so sind alle Bauteile incl. Verbindungsmittel der Vorschrift entsprechend ausreichend bemessen.

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Aw: Nutzlast Decke ohne Querverteilung - Weiterleitung 17 Jul 2012 05:56 #42046

Bono schrieb:

..
Nur so sind alle Bauteile incl. Verbindungsmittel der Vorschrift entsprechend ausreichend bemessen.


und wenn 25 Leute es so darstellen, diese Sichtweise ist und bleibt nur eine Annahme. Die kann man haben, gefordert ist sie nicht. Man befindet sich in einer Grauzone für die es keine eindeutige Regelung gibt.

Ganz einfach weil wenn man unterstellt dass der Anschluss bei p=2.00 kN/m2 versagt, dann müsste man mit der gleichen Berechtigung auch davon ausgehen dass das lastweiterleitende Bauteil nicht ausreichend ist. Wieso sich anderenfalls zwischen Anschluss und dem weiterleitendem Bauteil die Auflagerlasten plötzlich in Luft auflösen sollen wäre nämlich schlecht vermittelbar.
Das es um lokal erhöhte Lasten geht ist übrigens auch nur eine Annahme. Es gibt in der Vorschrift Ansagen zu Einzellasten auf Dächern oder Dachhaut. Ich sage deshalb, dass wenn es als lokale Lasterhöhung zu verstehen wäre, dieses auch so geschrieben worden wäre. Ist es aber nicht.

Ich gehe davon aus, dass es sich reinweg um eine zusätzliche Sicherheit gegen Biegeversagen geht, die man einführt weil die Querverteilung nicht vorhanden ist. Das eine Balkendecke durch Biegeung versagt (oder zumindest sich erhöht durchbiegt) ist ungleich wahrscheinlicher, als das sie am Auflager ein paar erhöhte Einpressungen erfährt und dadurch Schaden nimmt. Also packt man ein paar % auf die Last und alles ist gut, aber es geht dabei um das Biegeversagen. So meine Auslegung.

Solange die Balken satt aufliegen ist alles gut (Stützung). Jetzt hat man aber auch mitunter mal Anschlüsse in der etwas auf Abscheren oder gar Zug beansprucht wird. Da kann es ingenieurmäßig ratsam sein den Anschluss auch für die erhöhten Lasten zu bemessen.
Ich sage dagegen gar nichts, nur eben aus der Norm ableitbar ist das direkt nicht und wenn man ein Gutachten schreibt sollte man sich eng an die Vorschriften halten und auch zwischen persönlicher Auslegung und klaren Regelungen unterscheiden können. Soviel Ehrlichkeit sollte sein.

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Letzte Änderung: von DeO.

Aw: Nutzlast Decke ohne Querverteilung - Weiterleitung 17 Jul 2012 06:47 #42047

Oh, mein Gott!

Vielleicht hilft wirklich nur der Blick in ganz alte Vorschriften, um dir den Sachverhalt klar zu machen:

DIN 1055 Blatt 3 (Ausgabe 1948)

Verkehrslasten für Wohnungen einschl. Flure und Dachbodenräume
a) Holzbalkendecken und andere Decken ohne
ausreichende Querverteilung der Lasten: 200 kp/m² (= 2,0 kN/m²)
b) alle anderen Bauteile, besonders auch für
Massivdecken mit ausreichender Querverteilung
der Lasten: 150 kp/m² (= 1,50 kN/m²)

Decken aus Stahlbetonfertigteilen dürfen ...

Bei Bemessung von Bauteilen, die, wie Stützen und Wände, in Wohngebäuden die Lasten von Holzbalkendecken aufnehmen, ist die Verkehrslast dieser Decken ebenfalls nur mit 150 kp/m² (= 1,50 kN/m²) in Rechnung zu stellen.

Bei der Berechnung von Bauteilen, die die Lasten von mehr als 3 Vollgeschossen zu tragen haben, darf die Verkehrslast nunmehr vom 4. Geschoss von oben auf 100 kp/m² (= 1,00 kN/m²) ermäßigt werden.


Im Klartext: für die Berechnung und Bemessung der Holzbalkendecke selbst, also für alle die Holzbalkendecke betreffenden Nachweise - und das ist auch der Nachweis der Auflagerpressung oder der Nachweis einer Aufhängung an den Auflagern (ob nach alter oder neuer DIN oder nach EC) - ist die Verkehrslast mit 2,0 kN/m² anzusetzen.
Bei der Lastzusammenstellung für die Berechnung und Bemessung der stützenden Bauteile ist der Verkehrslastanteil aus der Decke mit einer Nutzlast von 1,5 kN/m² "neu" zu ermitteln.

Dieser Passus wurde in die neuen Vorschriften verkürzt übernommen, weil der Sinn dieser Regelung "eigentlich" jedem klar war.

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Letzte Änderung: von Alsheimer.

Aw: Nutzlast Decke ohne Querverteilung - Weiterleitung 17 Jul 2012 07:18 #42048

Alsheimer schrieb:

Oh, mein Gott!


das sage ich bezüglich Deiner Auslegungen auch.

Schönen Tag noch.

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Aw: Nutzlast Decke ohne Querverteilung - Weiterleitung 17 Jul 2012 08:55 #42049

Hallo Kollegen,

dies ist ja ein richtig spannender "Gutachterstreit" geworden, vielen Dank für den Einsatz.

Ich bin allerdings immer noch nicht (viel) schlauer als vorher, zumindest weiß ich nicht, was ich in mein Gutachten schreiben soll.

Bisher habe ich in meinen Statiken auch immer die (auch hier) mehrheitliche Auffassung, der Anschluss muss auch für 2 kN/qm ausgelegt werden, vertreten. Leider weiß ich, wie Juristen ein Gesetz kleinkariert zerpflücken können und bin daher vorsichtig geworden, um nicht hinterher als der "Blödmann" dazustehen.

2 Argumente von DeO machen mich (hinsichtlich der Rechtsauslegung, und nur dafür) sehr stutzig:

1. Zitat DIN 1055-1948: "Bauteile wie STÜTZEN oder Wände"....1,50 kN/qm
Man kann sich also tatsächlich den Fall vorstellen, daß unter jedem Deckenbalken eine (gelenkig angeschlossene) Stütze
steht.(Stützen werden ja explizit erwähnt !) Warum darf diese Stütze dann mit 1,50 kN/qm bemessen werden, die Vernagelung aber nicht ?
(In meinem Fall das Zugholz !) Es kann sich daher bei den 2,00 kN/qm doch um eine reine Biegebeschränkung der DB handeln.
Mir ist auch nicht klar, ob die Vernagelung zum Bauteil "Deckenbalken" oder zum Bauteil "Zugstütze" gehört.
Oder sogar ein eigenes Bauteil ist, wie z.B. ein Balkenschuh ? Da kann man viel hinterfragen !

2. Wenn man (mit den 2,00 kN/qm) für Holzbalken-Decken eine konzentrierte Lasteinleitungsnachweis gewollt hätte, warum hat man dies nicht auch so beschrieben ? In den neueren DIN 1055 (z.B. 2006) wird ja dann auch für Decken ohne Querverteilung ein Qk angegeben (=1,00 kN) um die "örtliche Mindesttragfähigkeit" zu gewährleisten. Dies gilt ganz klar für den Anschluss und ist NICHT zu überlagern. Dies ist wieder ein Hinweis auf DeOs "Biegetheorie", denn bei "üblichen Stützweiten" ist Qk=1,00 kN ja doch relativ klein gehalten.

(Bei mir liegt die Auflagerlast / Balken bei etwa 2,20 kN, wenn ich mit 1,50 kN/qm rechne.)

Übrigens: Das Gegengutachten wurde von einem Holzbau-Professor verfasst, der den Anschluss mit 2,0 kN/qm gerechnet hat,
und ansonsten auch teilweise seltsame Theorien verfolgt.
Die Anschluss-Steifigkeiten des Mehrfeld-Systems hat er allerdings berücksichtigt.

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Letzte Änderung: von zeemann.

Aw: Nutzlast Decke ohne Querverteilung - Weiterleitung 17 Jul 2012 09:40 #42050

Hallo Zeemann,

aus einem Forschungsbericht von Graubner u.a., 1999, zur DIN 1055-3

2.1 Definition von Nutzlasten
Nutzlasten in Gebäuden beschreiben die Lasten aus festen und beweglichen Einrichtungen sowie die Lasten von Personen. Die auftretenden Nutzlasten sind räumlich und zeitlich veränderlich, das Ausmaß der räumlichen Schwankungen und die Häufigkeit der Lastwechsel während der Nutzungsdauer ist abhängig von der Nutzungsart des Gebäudes. Nutzlasten setzen sich in der Regel aus einem quasi-ständigen und einem kurzzeitigen Lastanteil zusammen. Der quasi-ständige Anteil beinhaltet die Lasten aus festen Einrichtungen sowie aus ständig vorhandenen Gütern und Personen. Der quasi-ständige Lastanteil ändert sich hauptsächlich bei einem Wechsel der Gebäudenutzer durch eine Umstrukturierung der Nutzfläche und bleibt zwischen diesen Wechseln nahezu konstant. Die kurzzeitigen Lasten resultieren aus einer übermäßigen Personenansammlung, z. B. bei einer Feier oder einer Notsituation, sowie aus einer Stapelung von Einrichtungsgegenständen, z.B. bei Renovierungsarbeiten.

2.2 Definition von Ersatzlasten
Die Nutzlasten die auf ein Bauwerk einwirken sind in ihrer Struktur derart komplex, daß sie für eine einfache praktische Bemessung nicht geeignet sind. Um eine Vereinfachung des Lastbildes und des damit verbundenen Lastansatzes zu erreichen, werden die tatsächlich vorhandenen Lasten durch eine gleichförmig verteilte Ersatzlast ersetzt. Hierzu werden zunächst die Lasten innerhalb einer Bezugsfläche aufsummiert und durch Division durch die Größe der Bezugsfläche zu einer gleichförmig verteilten Nutzlast verschmiert. Die in der Norm angegebenen Lasten sind als Ersatz für die tatsächlich einwirkenden Nutzlasten zu verstehen und müssen möglichst die gleichen Eigenschaften hinsichtlich ihrer Wirkung auf ein Bauteil haben wie die wirklichen Einzellasten. Hierzu müssen die gleichförmig verteilten Nutzlasten mit einem Lastkonzentrationsfaktor zu der gleichförmig verteilten Ersatzlast transponiert werden. Der Lastkonzentrationsfaktor ist abhängig von dem statischen System und der jeweils zu ermittelnden Schnittgröße und somit existieren in einem statischen System unterschiedliche Lastkonzentrationsfaktoren und demzufolge auch Ersatzlasten verschiedener Größe. In der Praxis wird man diejenige Ersatzlast wählen, die mit einer ausreichenden Sicherheit die Wirkung sämtlicher Schnittgrößen beschreibt.


Eine Stütze erhält i.d.R. neben der Belastung aus der Decke selbst noch weitere Lasten aus anderen Bauteilen (siehe Ausführungen prostab).

Die Einzellast nach DIN 1055-3 dient i.d.R. nur zum Nachweis der örtlichen Mindesttragfähigkeit, nicht zum Abdecken der oben beschriebenen Zusammenhänge.

Sorry, aber das ist jetzt mein letzter Beitrag zu diesem Thema.

Bitte Anmelden oder Registrieren um der Konversation beizutreten.

Copyright © 2022 diestatiker.de | ein Service von Planungsbüro Uhrmacher  | Aunkofener Siedlung 17 - D-93326 Abensberg
Telefon: 0 94 43/90 58 00, Telefax: 0 94 43/90 58 01 | E-Mail: office[@]diestatiker.de | Alle Rechte vorbehalten