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Grundsatzfrage zu Imperfektionen 14 Mai 2020 16:59 #67729

Hallo,

zur Zeit arbeite ich an meiner Masterarbeit im Bereich der Tragwerksplanung im Ingenieurholzbau. Unter anderem geht es in einem Vorkapitel um die Untersuchung der Effektivität von verschiedenen (Seil-)Unterspannungssystemen an Bogentragwerken. Die Eingabe und Schnittgrößenermittlung erfolgt in RFEM (verwendete Zusatzmodule: RF-STABIL, RF-HOLZ Pro). Hauptsächlich beziehen meine Fragestellungen sich auf den Ansatz von Imperfektionen und weniger auf die Software. Dazu einige Grundinformationen zum Tragwerk:

• Es handelt sich um parabelförmige Dreigelenkbögen. (Gelenk im Parabelstich).
• Die Berechnung erfolgt nach Theorie II. Ordnung
• Spannweite 30m; Parabelstich 7,5m; Parabelfunktion f(x) = -(1/30)x2 + 7,5
• Material BSH GL24h

• Lastfälle: LF1 - Eigengewicht; LF2 - Schnee einseitig; ggf. LF3 - Vorspannung Seile; LFi = Imperfektionslastfälle
• Lastkombinationen im GZT: LK1(1,35G+1,0P+IMP); LK2(1,35G+1,5S+1,0P+IMP)
• Lastkombinationen im GZG: LK3(1,0G+1,0P); LK4(1,0G+1,0S+1,0P); charakteristisch

• Für die Fragestellung eher irrelevant, aber die Unterspannungssysteme sollen als reine Seilkonstruktion geplant werden. Anbei ein Bild zum besseren Verständnis. Dabei werden unter Anderem die Variante nach Suchov, dem Postbahnhof Chur und des Word Trade Center Dresden untersucht. www.baunetzwissen.de


Fragestellungen:
1) Unabhängig davon, ob mit oder ohne Unterspannung:
Ist die Annahme in Ordnung, dass bei einem Dreigelenkbogen keine Schiefstellung erfolgen kann, da es sich um ein geschlossenes System handelt? Vorkrümmungen müssen natürlich trotzdem angesetzt werden.


2) Unabhängig davon, ob mit oder ohne Unterspannung:
Mir ist leider noch nicht ganz klar, wie die korrekte Vorgehensweise beim Ansatz von Imperfektionen lautet.

a) Werden Vorkrümmungen generell affin zur Anfangsverformung, oder affin zur Knickfigur angesetzt? Dazu konnte ich unterschiedliche Informationen finden.

b) Ob es sich nun um die Anfangsverformung oder die Knickfigur handelt ändert die nächste Frage nicht:
Bestimmt man den Verlauf der Vorkrümmung über die Anfangsverformung/Knickfigur jedes einzelnen Lastfalls und prüft, welcher IMP-LF für eine bestimmte LK maßgebend wird und fügt diesen dann entsprechend in die Lastkombination ein? Oder wäre es richtig, die Knickfigur/Anfangsverformung für eine Lastkombination zu ermitteln und die Vorkrümmung affin zu dieser Figur für diese eine LK einzugeben? Das wäre dann für jede Lastkombination durchzuführen.


3) Nur für den Fall, dass die Vorgehensweise über die Bestimmung der Vorkrümmungen über die Knickfigur und über Lastkombinationen abläuft. Ansonsten hat sich die Frage von selbst beantwortet:
Im Anhang befindet sich ein Screenshot der nichtlinear berechneten Knickfigur für die LK2(1,35G+1,5S+1,0P). Wie würde man die Vorkrümmung affin zu einer solchen Knickfigur eingeben? Eine Vorkrümmung wird ja nur auf die Stablänge bezogen eingegeben, also L/e0 (hier L/e0 = 400). Daher wäre eine konstante Vorkrümmung über einen bestimmten Bereich ja gar nicht möglich. Allerdings weist die genannte Knickfigur über mehrere Meter Stablänge einen -auf die Stabkrümmung bezogen- nahezu konstanten Verlauf auf. Daher bin ich unsicher, wie man dieses Ergebnis interpretieren kann. (Als Hinweis möchte ich noch mitgeben, dass ich das Modul RF-IMP kenne und für diese Arbeit nicht verwenden möchte. Die Eingaben sollen manuell erfolgen). Zu Testzwecken habe ich dem gesamten linken Schenkel des Bogens eine Vorkrümmung nach außen und dem rechten Schnekel eine Krümmung nach innen gegeben. So konnte zumindest eine Erhöhung der Biegemomente für fast jede Stelle erreicht werden, aber es wird sich dabei eher um einen Zufall handeln, als um eine überlegte und definierte Eingabe, da sich diese Imperfektionseingabe auf keine der von mir genannten Vorgehensweisen zurückführen lässt.


Weitere Frage speziell zu RFEM/RF-STABIL:
4) Die Stabelemente der Unterspannung habe ich als Zugstäbe eingegeben. Also nichtlineare Stabelemente, die unter Druckbelastung ausfallen. Da laut dem Handbuch zu RF-STABIL in der Eigenwertanalyse keine nichtlinearen Stab- und Materialeigenschaften berücksichtigt werden, habe ich mich dazu entschieden die nichtlineare Analyse (Laststeigerung bis zum Versagen) einzustellen. Die Berechnung dauert zwar sehr viel länger, aber so erhoffe ich mir realistischere Ergebnisse. Die Abweichung zwischen der linearen und nichtlinearen Methode ist zum Teil recht groß. Kann mir dazu jemand Hinweise geben, ob es bestimmte Problematiken mit dieser Berechnungsmethode gibt, oder welche Dinge man beachten sollte? Ich habe bisher noch keine Erfahrungen mit der nichtlinearen Analyse.


Sollten noch Fragen zu den Systemen oder Eingaben bestehen, kann ich diese Informationen gerne noch ergänzen.

Vielen Dank!





Quellen:
Beispiele der Unterspannungssysteme: www.baunetzwissen.de
Anhänge:

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Letzte Änderung: von marsi.

Grundsatzfrage zu Imperfektionen 15 Mai 2020 08:14 #67732

was machst du mit schiefstellungen + th.II.o?
das bildet die grafik ab: firstpunktverschiebung. ob aber die linke welle (nicht nur bei firstgelenk) wirklich durchschlägt, weiss man nicht > untersuchen (ob in diesem konkreten fall nötig, soll egal sein).

zu 1.
ich nehme schiefstellungen mit - in der ebene, aus der ebene des binders.
verbandsstabkippen kann relevant sein > echtes stabilitätsproblem.
(ebenso bei reinen biegebalken: zuggurtkippen)

zu 2./3.
du hast die dankbare aufgabe, den kritischen fall herauszufinden.
wenn ein träger verformt eingebaut wird, kann das sogar günstig wirken - würde man aber nicht annehmen.
systemkongruente verformungsfiguren sind zu untersuchen.

am ende ist das system mit den randbedingungen für die geringste aufnehmbare last relevant. ob das system dann gut ist? dafür gibts andere kriterien, zB untersucht man, was bei verschieden grossen imp. passiert.

/ot:
kannst du bei der nichtlineare analyse einen startwert vorgeben? oder lässt du rfem 1000 lasten rechnen - bis das system versagt? evtl. wäre eine beschleunigung möglich, wenn man aus 2 oder 3 ergebnisse einen startwert extrapoliert.
Markus L. Sollacher, Berat. Ing. BYIK
mlsollacherATt-onlinePUNKTde
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Grundsatzfrage zu Imperfektionen 15 Mai 2020 13:34 #67743

Allgemeine Ergänzung: Sämtliche Untersuchungen inkl. Stabilität werden vorerst nur in der Bogenebene betrachtet. Was das Kippen bzw. BDK angeht: Im endgültigen System werden über die gesamte Bogenlänge in regelmäßigen Abständen von 1-2m seitliche Halterungen vorliegen. Ziemlich genau so wie hier: Bild Gesamtkonstruktion

Zu Schiefstellungen + Theorie II. Ordnung:
Ich war der Auffassung, dass beim vorliegenden Bogensystem keine spannunglose Schiefstellung eintreten kann, da die beiden Schenkel des Bogens verbunden sind. Wenn ich mir vorstelle, dass ich den Firstpunkt durch die Schiefstellung beispielsweise nach unten verschiebe, dann tritt doch eine Biegespannung/Krümmung in den Stäben auf, oder? Somit wäre eine Schiefstellung kein zu betrachtender Fall, da die Norm doch sagt, dass die Imperfektionen spannungslos sein müssen. Oder irre ich mich? Zumindest war das mein Denkansatz.

Zu 2./3.:
Ich hatte die Hoffnung, dass man vorab ohne Berechnung schon einige Fälle ausschließen kann, die untersucht werden müssen. Meine Denkweise in Einzelschritten würde ich so beschreiben:
• Mein Beispielsystem hat ohne Imperfektionen grundsätzlich nur 2 Lastkombinationen; Eigengewicht und Eigengewicht+Schnee.
• Wenn ich mir die Verformungsfigur von LK2 anschaue und sehe, dass durch die Lastkombination der linke Schenkel nach innen gekrümmt wird, kann ich doch sagen, dass die ungünstigste zusätzliche Vorkrümmung für diesen Stab in dieser LK ebenfalls nach innen eingegeben werden müsste. Ganz einfach ausgedrückt: Ich mache die sowieso schon vorhandene Verformungsfigur einer LK durch die Eingabe der Imperfektionen künstlich "noch stärker".
• Wenn ich so vorgehe, dann müsste ich im Endeffekt ja nur zwei verschiedene Imperfektionelastfälle eingeben. Einen für LK1 und einen für LK2.

• Wenn ich alternativ alle möglichen Varianten untersuche und beispielsweise nur für die einseitige Schneelast ohne Eigengewicht die ungünstigste Imperfektion eingeben würde, dann wäre das sowohl für die Kombinationen aus Eigengewicht und Schnee, als auch für das Eigengewicht alleine doch sowieso nicht der maßgebende Fall. Mit dieser Aussage würde ich dann viele Fälle ausschließen können. (Davon abgesehen wirkt der Schnee ja sowieso nie ohne das Eigengewicht, soll aber hier als Beispiel dienen.)

• Aus diesen Gründen denke ich, dass für dieses System folgendes passieren muss:
- Verformungsfigur für LK1 bestimmen; Imperfektionen anhand dieser Verformungsfigur eingeben und diesen IMP-Lastfall dann der LK1 zufügen
- Verformungsfigur für LK2 bestimmen; Imperfektionen anhand dieser Verformungsfigur eingeben und diesen IMP-Lastfall dann der LK2 zufügen



Zur nichtlinearen Analyse in RF-STABIL:
Super Hinweis. Ich kann tatsächlich den Anfangslastfaktor manuell bestimmen. Danke!


Sollte ich die Hinweise und Erklärungen immer noch nicht richtig verstanden haben, wäre ich für eine Auflistung der Arbeitsschritte für den Ansatz von Imperfektionen für dieses System sehr dankar. Sofern sich jemand die Arbeit machen will. Ich kann mir Prinzipien immer leichter durch strukturierte Vorgehensweisen an Beispielen aneignen, als durch allgemeine Erklärungen.

Vielen Dank!

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Grundsatzfrage zu Imperfektionen 15 Mai 2020 16:03 #67748

marsi schrieb: a) Werden Vorkrümmungen generell affin zur Anfangsverformung, oder affin zur Knickfigur angesetzt? Dazu konnte ich unterschiedliche Informationen finden.


Ohne die Prüfungsregeln der Masterarbeit zu brechen, kann man sicher folgendes sagen:

Vom Prinzip her betrachtet, sind alle Vorverformungen affin zur Knickfigur anzusetzen,
als Vorkrümmungen und/oder Vorverdrehungen. Dazu muss man wissen, wie das System bei Instabilität ausweichen wird. Die Betrachtung der zur kleinsten Knicklast gehörenden Eigenform reicht oft nicht aus, siehe das Knickei in Halstenbek.

Praktisch gesehen, ist es nahezu unmöglich einen exakten Verlauf für die Vorverformungen vorzugeben, also wählt man Näherungen, die einigermaßen zur Knickfigur passen.
Man muss dem System quasi irgendwie in die weiche Seite treten, nicht exakt, aber irgendwie.

Ich sehe die Situation so:

Der Bogen ohne Unterspannung hat zwei Eigenformen (Knickfiguren), die man betrachten muss:
Eine symmetrische (der Scheitelpunkt weicht nach unten aus, beide Bogenhälften verbiegen sich nach oben) und eine antimetrische (der Scheitelpunkt bleibt in Ruhe, die eine Bogenhälfte verbiegt sich (quasi wie ein Eulerstab) nach oben, die andere nach unten).
Die beiden knicklasten werden nicht weit auseinanderliegen, aber beide Fälle sind zu untersuchen.
Höhere Eigenformen sind eher nicht zu erwarten.

Analog zu diesen Krümmungen wären Vorkrümmungen anzusetzen und die maßgebenden Lastfälle auszuwählen.

Diese Vorgehensweise sollte auch für das vorgespannte System passen.

====

Die gezeigte Knickfigur ist für mich etwas rätselhaft, weil eine solche Figur
nur möglich ist, wenn hohe N-Verformungen vorhanden sind.
Diese würde ich hier eigentlich nicht erwarten, aber ohne die Größenordnung der Querschnitte und Lasten zu kennen, kann man nichts sagen.

Das System selbst, ist mir auch etwas unverständlich, denn was soll die Unterspannung eigentlich poitives bewirken, sie bringt zunächst nur zusätzliche Lasten in den Bogen.
Jetzt kann es natürlich so sein, dass der Bogen mit Unterspannung zwar größere N-Kräfte bekommt, dass dadurch aber die Stabilität erhöht wird, weil das Ausweichen der Bogenhälften in deren Mittelpunkten behindert ist.
Für den symmetrischen Knickfall ist das anschaulich klar, beim antimetrischen (hm ...) eigentlich auch.
Wenn's so ist, na gut!

Viel Erfolg bei der Arbeit.

es
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Grundsatzfrage zu Imperfektionen 15 Mai 2020 16:18 #67750

marsi schrieb: Allgemeine Ergänzung: Sämtliche Untersuchungen inkl. Stabilität werden vorerst nur in der Bogenebene betrachtet. Was das Kippen bzw. BDK angeht: Im endgültigen System werden über die gesamte Bogenlänge in regelmäßigen Abständen von 1-2m seitliche Halterungen vorliegen. Ziemlich genau so wie hier: Bild Gesamtkonstruktion

Ich kann aber nicht sehen, dass dort der untere Rand des Bogens auch gehalten ist.
Wenn nicht, muss man schon nochmal nachdenken.

es

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Grundsatzfrage zu Imperfektionen 15 Mai 2020 17:28 #67752

/ot
danke für den link zum bild einer konstruktion vom filigranisierungsweltmeisterteam :)
da stecken mit sicherheit jede menge special effects drin (drehelastische einspannung der verbandspfosten und dadurch elastische zuggurthaltung, binderentlastung durch verspannte flächen .. usw.). so´n zeug hatte ich mir im studium auch angeschaut, da braucht man ne weile, um hinten einige der tricks zu kommen, am wirkungsvollsten sind aber reduzierte lasten/sicherheiten ;)
/ot

bei "spannungslos schiefgestellten imperfektionen", oder so, war ich damals wohl teetrinken.
stell dir mal ein anderes system vor: der ordinäre 3-gelenkstabzug, 2 stäbe (wie sparren), 1 unterspannung. stells dir flach geneigt vor. sehr flach. und dann drück auf das firstgelenk.
das gibt ein durchschlagproblem als sonderfall des "spannungslos schiefgestellten" nach th. II. o. - obwohl nichtmal eine schiefstellung da sein muss.
wenn ich mir sorgen um stabilität mache, rechne auch mal doppelte imperfektionen - wenn dann 4-fache schnittgrössen kommen, taugt das system nix.
Markus L. Sollacher, Berat. Ing. BYIK
mlsollacherATt-onlinePUNKTde

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