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Öffnung in schwach bewehrte Deckenplatte 21 Okt 2019 19:30 #66092

Hallo zusammen und danke für die Aufnahme im Forum,

ich komme gerade von der Uni und bin jetzt seit 1,5Monaten im Beruf. Nun haben wir ein Projekt reinbekommen von einem Bauherrn, der in einem Mehrfamilienhaus Bj. 1984 den Dachstuhl bereits ausgebaut hat und gerne einen Treppenaufgang nach oben hätte.

Vorweg: Ich lasse alles was ich mache vorher nochmal absegnen, bevor ich irgendeine Statik unterschreibe. Mir geht es nur darum verschiedene Meinungen von erfahrenen Leuten zu hören und mir auch anderweitig ein wenig Input zu holen, zumal ich nicht völlig planlos vor den Leuten stehen möchte.

Ich habe mir die Bestandsstatik angeschaut und festgestellt, dass besagte Platte als einachsig gespannt gerechnet wurde und laut Statik R188er Matten oben und unten eingelegt wurden. Durch die Deckenplatten geht der Kamin und um diesen herum würde ich gerne das Treppenloch positionieren. Dem Architekten habe ich aufgrund der geringen Bewehrungsmenge vorgeschlagen, das ganze besser in Richtung Raumspartreppe zu planen, damit das Treppenloch nicht so groß werden muss. Der Vorschlag stieß allerdings nicht direkt auf Begeisterung, sodass ich mir dennoch auch andere Lösungen anschauen will und im Optimalfall doch meine sparsame Treppe durchgeboxt bekomme. Ich denke mal, je kleiner die Öffnung, desto besser für das Tragverhalten, obwohl einachsig gespannt vermutlich nicht so dramatisch sein sollte?! Im Grunde ist ja alles was parallel zur Spannrichtung neben der Öffnung liegt relativ unbeeinflusst von der Öffnung, oder sehe ich das falsch? Wenn ich die Decke als Balkenschar auffasse, ist das jedenfalls theoretisch so.

Ich habe mir das ganze System und verschiedene Lösungen daraufhin mal mit FE durchgerechnet und komme mit der Öffnung zu dem Schluss, dass ausreichend Bewehrung vorhanden sein sollte.
So, nun aber zu den eigentlichen Fragen:

In der Uni wurde nie über nachträgliche Öffnungen gesprochen, sondern immer nur, wie man bei geplanten Öffnungen die Bewehrung anordnet. Nun kann ich ja in die bestehende Decke um das Loch herum nicht anfangen Bewehrung einzubohren oder dergleichen. Wie wird sowas in der Praxis gehandhabt? Da wird doch nicht wirklich was verstärkt? Loch rein und fertig?! :unsure:

Lokal sind nach FEM höhere Bewehrungsmengen erforderlich. Sagen wir, an verschiedenen Punkten muss dann laut Berechnung mal 1,96cm²/m drin sein, statt den 1,88cm²/m die tatsächlich drin sind. Wie kann man sowas hinsichtlich der Statik beurteilen? Ist es dann so, dass ich vielleicht "einfach nur" mit Rissen rechnen muss? An den Singularitäten habe ich extra fein gemesht. Die besagte Punkte sind aber nicht im Bereich von Singularitäten. Wäre es sinnvoll sowas auch mal nichtlinear zu rechnen? Ob die Bedingungen gegeben sind, müsste ich noch prüfen. Frage mich nur gerade, ob das eine Option wäre.

Außerdem: Inwiefern muss ich sowas nach dem neuesten Stand der Technik nachweisen? Mindestbewehrungen, die heute theoretisch eingebaut werden müssten, kann ich ja nur schlecht berücksichtigen. Reicht es also, das ganze nur anhand der "erforderlichen" Bewehrungsmenge zu beurteilen?

Man merkt: Es sind einige Fragen offen. Ich würde dem Bauherrn natürlich gerne sagen, dass die Öffnung machbar ist, aber dann wäre ich mir gerne sicher. Ansonsten muss man halt eine andere Lösung finden.

Ich würde mich über Tips freuen! :)

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Öffnung in schwach bewehrte Deckenplatte 22 Okt 2019 05:41 #66094

  • Sebastian Fellner
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Guten Morgen,

rechnerisch das sauber nachzuweisen ist nicht ohne und kostet Zeit.Nicht viel, aber mit 2-3 Stunden ist das nicht getan. Kläre vorher mit deinen Chef ab, was dein Arbeitsumfang ist.

Zum Bestand: Das Mindeste was wir immer machen/verlangen ist eine Deckenöffnung 30/30cm oder so. Ermittlung der Deckendicke, der Bewehrung, der Bewehrungslage, Zustand Beton und so. Nicht auf Pläne vertrauen! Selber anschauen, das heißt auch hinfahren. Das Gebäude auch anschauen, steht oben vielleicht eine tragende Wand in der Nähe, die nicht im Plan ist (ALLES schon gehabt). Das kostet natürlich auch wieder Zeit. Wenn du das alles geklärt hast, kann man Lösungen durchrechnen. Vorher ist das verlorene Zeit.

PS: In der Berechnung auf Risse hinweisen.
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Öffnung in schwach bewehrte Deckenplatte 22 Okt 2019 07:44 #66096

In jedem Falle mit den ehrlichen Lasten nachrechnen. Bei FEM aufpassen, dass nicht aus Versehen kreuzweise gerechnet wird, obwohl nur einachsig abtragend. Was unbekannt ist, z.B. Fußbodenaufbau, erkunden lassen oder auf der sicheren Seite liegend annehmen.
Wenn erforderlich, auch die Lasten von oben neu herleiten, z.B. Lasten aus Dachstielen. Heißt, dass Dach muss auch lastmäßig berechnet werden.

Ortserkundungen können nützlich sein, ersetzen aber keine guten bautechnischen Unterlagen. Man hat schließlich keinen Röntgenblick. Bewehrungserkundungen wären natürlich toll, sind nach meiner Erfahrung aber eher unüblich. Mag man sehen wie man will, aber wer hat sowas schon.

(obwohl ich tatsächlich manchmal darüber nachdenke mir so ein Ferroscan anzuschaffen.)

Eine Methode ist es auch die Decke im Ist-Zustand zu berechnen und den Bewehrungszuwachs durch die Maßnahme zu bestimmen. Wenn sich da nur lokal was im geringen Bereich abspielt, wäre auch alles gut.

Nicht vorhandene Wechseleisen sind halt so. Wenn das zum Maßstab wird, kann man ziemlich viele Umbauten in D vergessen. Würde ich nicht so eng sehen, denn aus der statischen Berechnung ergeben die sich nicht. Ist eher was konstruktives. Randbügel sind in Innenräumen auch nicht vorgeschrieben.

Also ja, wachsam und ordentlich sei, aber nein, nicht pissig und erbesenzählerisch werden.
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Öffnung in schwach bewehrte Deckenplatte 22 Okt 2019 09:34 #66098

Hallo,

es müssen schon glückliche Umstände zusammenkommen, damit ein Nachweis der alten Deckenplatte trotz neuem Loch gelingt. Meistens geht da nix. Treppenlöcher sind häufig zu groß.

Bevor du viel rechnest: Mal prüfen, ob die Lastabtragung für die verbleibenden Restplatten nicht besser mit Stahlträgern unterh. der Decke gelingt.

Gruß
mmue
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Öffnung in schwach bewehrte Deckenplatte 22 Okt 2019 20:21 #66108

Zuerst einmal möchte ich mich mal für die freundlichen und vor allem informativen Beiträge bedanken! Hilft mir schon enorm weiter, weil es mir bei der Einschätzung des Problems etwas weiterhilft.

@Sebastian Fellner: Werde das auf jeden Fall mal ansprechen, inwiefern man sich die Sache mal vor Ort anschauen kann. Zumal mir auch Bewehrungspläne fehlen. Hab quasi nur das, was der Statiker bemessen hat. Insofern wäre eine kleine Deckenöffnung wohl schon sinnvoll. Wer weiß, ob man sich an die Bemessung gehalten hat. :blink:

@DeO: Ich bin bei der FE so vorgegangen, dass nur einachsig abgetragen werden kann. Soll heißen, Wände auf denen die Platte in Querrichtung lagert habe ich gar nicht mit modelliert. Da ist natürlich auch noch ein großes Fragezeichen, was da das "richtige" Modell ist. Normalerweise versuche ich immer verhältnismäßig ungünstig zu rechnen. Ich möchte aber bei einem Bestandsbauwerk auch nicht so ungünstig rechnen, dass etwas was eigentlich möglich wäre dann unmöglich scheint.

Den Vorschlag, den Dachstuhl nochmal von oben durchzurechnen werde ich beherzigen und morgen nachgehen.

@mmue bzw. an alle:
Die Zweifel verstehe ich und die habe ich selber auch. Das, was mich ein wenig optimistischer stimmt ist die Tatsache, dass ich das Treppenloch direkt an einem Überzug vorsehen könnte. Mein Gedanke war, dass das ganze umso unkritischer wird, je näher ich mich am Auflager befinde. Ich werde mal eine kleine Skizze anhängen, die das ganze vielleicht etwas klarer und besser zu beurteilen macht. Da die Platte durch den Schornstein natürlich nicht durchläuft, würde ich dann diese "Öffnung" durch das Treppenloch vergrößern. Quasi lieber ein großes Loch, als viele kleine.
Aber mit der Abfangung durch Träger/Balken werde ich auch mal ansprechen. Das wäre keine schlechte Lösung.

Anderenfalls nutze ich die Bewehrung schon ziemlich stark aus.
Die 1,88cm² die theoretisch drin sein sollten, werden laut FEM schon fast zu 100% ausgenutzt. Auch wenn das natürlich mit Teilsicherheitsbeiwerten gerechnet wurde, wäre es mir lieber, wenn die Ausnutzung geringer wäre :laugh:

Ich spreche morgen mal mit meinem erfahrenen Kollegen und hoffe, da etwas Rat von Angesicht zu Angesicht zu bekommen.


Die Skizze hat nicht die beste Qualität und ist auch nicht voll mit vielen Infos. Das statische System ist das, welches damals vom Statiker angenommen wurde. Und nun würde ich die Treppe gerne einmal um den Schornstein führen. Rein qualitativ soll die Skizze sein :laugh:
Die Anordnung des Treppenlochs sollte doch dort am sinnvollsten sein, oder?

Danke nochmal für die guten Ratschläge und Meinungen

Edit: Die Skizze zeigt die komplette Decke. Das statische Modell bezieht sich aber nur auf den Teil bis zur Schrägen Wand am oberen Teil der Decke. Der Rest wurde als separate Positionen berechnet. Die Abmessung in die Tiefe beträgt ca. 6.1m und der Schornstein ist eig. relative mittig. Das hab ich wohl nicht so genau gezeichnet.
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Letzte Änderung: von Dimar. Grund: Kommentar zur Skizze
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